Thema des Monats April 2016

Die Jahrespflanzen 2016 -

Entdeckungen im Archiv des Sächsischen Apothekenmuseums

Teil IV - Schlüsselblume

Blume des Jahres 2016 – Schlüsselblume (Primula veris)

Die Stiftung Naturschutz Hamburg und Stiftung zum Schutze gefährdeter Pflanzen, kurz Loki-Schmidt-Stiftung, kürte das "Himmelsschlüsselchen" zur Blume des Jahres.

"Damit soll für den Schutz dieser bedrohten Pflanze geworben werden, die in den meisten Bundesländern auf der Roten Liste der gefährdeten Arten steht.
Die Blume des Jahres steht immer auch stellvertretend für einen bedrohten Lebensraum. Bei der Wiesen-Schlüsselblume sind dies sonnige, eher trockene Wiesen und lichte Wälder auf kalkhaltigen Böden." heißt es auf der Internetseite der Stiftung http://www.loki-schmidt-stiftung.de/.

Als eine der ersten Frühlingblüten und aufgrund ihrer besonderen Gestalt ist das Himmelsschlüsselchen in der Kulturgeschichte oft Bild für den Anfang, die Öffnung gen Himmel oder die Jungfrau Maria.

Vorallem ihr Gehalt an Sponinen macht die Schlüsselblume auch in der Arzneigeschichte bekannt.

Bereits Brunschwig empfiehlt um 1500 deren Blüten oder gebranntes Wasser bei Ohnmacht, Schwächezuständen oder Herzbeschwerden, zur Reinigung der Gesichtshaut, ja sogar gegen Kopfschmerzen, welche bei Beginn der Pest oder bei Typhus auftreten.

Nachweislich verwendet wurden die Blüten, das Kraut und die Wurzeln. Daraus hergestellt wurden gebrannte Wässer, Essenzen, Öle und Conserva.

Im Kräuterbuch von Tabernaemontanus, Ausgabe von 1669 in der Bibliothek des Sächsischen Apothekenmuseums heißt es:

   Die Schlüsselblumen oder Himmelschlüssel/ PRIMULAE VERIS genennt/ werden von LEONARDO FUCHSIO under die Wüllkreuter gerechnet/ dieweil jre Bletter etwas weissfarbig und wollecht seyn/ Es seyn bemeldter Blumen zwey Geschlecht/ erstlich die gemeine/ so in Gärten und Wiesen wachsen: Darnach das wilde Geschlecht/ so in Wälden erfunden wirdt. Es meldet CAMERARIUS dass so viel Geschlecht der Schlüsselblumen wachsen/ dass man sie kaum zelen könte: Jedoch seyn sie einander an Form und Gestalt also nahe verwandt/ dass/ wie LOBELIUS zeuget/ welchem derselben nur ein Geschlecht bekandt sey/ derselbige die andere Geschlecht alle gar leichtlich unnd wol erkennen möge. Haben allein jhren grössten Underscheidt an den Blumen/ deren etlich gefüllt/ etliche ungefüllt/ ein Theil gantz gelb/ ein Theil aber bleych gelb: Etliche auch grün erfunden werden/ unnd dass die Bletter an etlichen grösser und breyter erfunden werden/ denn an andern.

Von den Namen
    Die Schlüsselblumen haben bey den LATINIS viel Namen. Erstlich werden sie genennet PRIMULA VERIS, dieweil sie baldt im Frühling herfür kommen: Darnach HERBA PARALYSIS oder ARTHRITICA, das ist Gichtkraut/ wegen seiner grossen Krafft zum Gegicht. BETONICA ALBA/ VERBASCULUM ODORATUM.
    Deutsch Himmelschlüssel/ S.Petersschlüssel/ Handtschuchblumen. (Fastenblumen/ weiss Betonien.)

Von der Natur/ Krafft/ Wirckung und Eygenschafft der Schlüsselblumen
    Die Schlüsselblumen seyn an Geschmack etwas scharpff und bitter/ unnd haben eine zusammenziehende Natur/ daher sie von FERNELIO und andern mehr/ warm und trucken geachtet werden. (die gäle aussgeropffte Blümlein seyn zart/ süss/ und eins Honiggeruchs/ daher sie gesamblet werden/ und Zucker oder conserven darauss gemacht.)

Jnnerlicher Gebrauch der Schlüsselblumen
    Etliche Artzte nemen die Wurtzel von den Schlüsselblumen/ thun darzu Calmus und Eysopwurtzeln/ und schwartzen Pfeffer/ zerschneiden und zerstossen solche stück/ binden sie in ein seiden Tüchlein/ unnd henckens zwen oder drey tage in Brandtenwein oder in andere AQUAS VITAE, darnach vermischen sie solchs mit Schlüsselblumen und Endivienwasser/ geben davon dem Krancken drey oder vier loth zu trincken/ und wirdt für ein sonderlich experiment gehalten. Es wirdt auch die Wurtzel gebraucht die Verstopffung der Nieren und Blasen zu eröffnen/ in Wein oder Wasser gesotten und darvon getruncken. (Die Wurtzel gestossen/ kan mit nutz den Kindern gebrauchet werden wider die Würm.)
    An etlichen Orthen machet man auss den jungen Schösslingen der Blumen Salat/ und isset dieselbige.

Eusserlicher Gebrauch
    Es wird diss Kraut auch eusserlich zu dem Gicht gebraucht. Dann es schreibet FERNELIUS, dass die Schlüsselblumen zerstossen und auff das schmertzhaffte Gliedt gelegt/ demselben gar wol thun.
    Da man auch die Bletter oder Blumen auff Geschwülst legt/ (so von gifftigen Thieren entstanden/ trücken sie dieselbige nider.
    Mit dem Safft so auss den Blümlein getruckt worden/ das Angesicht uberstriechen/ vertreibt die Flecken/ Masen/ und Runtzel derselbigen wunderbarlich/ verzehret auch die Feigwartzen im hinderen/ miltert die Harnwinde.

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Die Abbildung entstammt unserer Lithographie-Sammlung "Officineller Pflanzen", um 1825 

Weitere Informationen auch unter:

https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/pflanzen/pflanzenportraets/wildpflanzen/19671.html